agentur zuhören

Esoterik, Autoritäten und die Frage nach dem Warum

Good intentions have been the ruin of the world.
The only people who have achieved anything
have been those who have had no intentions at all.

Oscar Wilde


Von Juni 2008 bis März 2012 besuchte ich zwei unterschiedliche Seminarschulen. In der einen Schule durchlief ich Seminare, an deren Ende der "Reikilehrer" und der "Gesprächstherapeut mit Schwerpunkt Reinkarnation" stand. Ich lernte viel über Energie. In der zweiten Schule durchlief ich Seminare, an deren Ende der "EFT-Praktiker Gold" stand. EFT (Emotional Freedom Techniques oder Klopf-Akupressur) wird der energetischen Psychologie zugeordnet. Nicht sichtbare, aber doch fühlbare Energie ist das, was mich interessiert. Woher kommt sie, wie wirkt sie?

Ich habe in beiden Schulen viel gelernt und bin dankbar für alles, was mir dort gegeben wurde und woran ich wachsen durfte. Die Konfrontation mit einer völlig konträren Weltanschauung hat mich gehörig durcheinandergerüttelt und dazu gebracht, viele Dinge in Frage zu stellen, die ich bis dahin übernommen und akzeptiert hatte. Ich ließ mich von dieser neuen Welt einsaugen, aber immer war da ein Widerstand, mein kritischer Geist, der nichts mehr einfach so übernehmen will, was ihm gesagt wird. Ich wollte es erfahren. Das, was mir selbst widerfuhr, kann ich akzeptieren. Alles andere unterliegt dem Glauben.

Ich habe Dinge erfahren, die mir einleuchten und die ich, ohne wissenschaftlichen Beweis, annehmen kann. Und ich habe Dinge erfahren, die ich heute, aus einer gewissen Distanz, als gefährlich einstufe.

Auf solchen Seminaren wird oft von der "Seelenfamilie", wenn nicht sogar von der "kosmischen Familie" gesprochen und Teilnehmer, die aus einer problematischen Familienkonstruktion kommen, lösen sich gerne aus ihren familiären Verbindungen, sei es Ursprungsfamilie oder Ehe, und begeben sich in die Abhängigkeit einer neuen Familie, der Seelenfamilie. So wie Familien und das Zusammenleben oft idealisiert werden, so passiert das auch mit den Seelengefährten. Da arbeitet man an einer gemeinsamen Aufgabe, Licht in die Welt zu bringen oder zu transfomieren oderoder, aber letztendlich erweist sich die Seelenfamilie als ähnlich vertrautes Konstrukt. Es gibt Leute, die tun einem gut und welche, die tun einem nicht gut. Der Manipulationsfaktor ist hoch und oft genau so schwer durchschaubar wie in der Ursprungsfamilie. Da will uns jemand Gutes tun. Wenn wir dann anfangen uns schlecht dabei zu fühlen, kann das nur an uns liegen. Wie in jeder Familie gibt es schwarze Schafe, Außenseiter, Unruhestifer. Das sind die, die nicht konform gehen. Jedes System ist auf Selbsterhalt bedacht und lässt sich nur ungern in Frage stellen. Darin unterscheiden sich Seelenfamilien nicht sonderlich von anderen Familien. Wer Mitglied der Gemeinschaft bleiben will, muss sich solidarisch erklären - Kritik ist unerwünscht. Wer seine Kontakte zur "realen Welt" verloren hat, kann schnell ganz alleine dastehen und dann fangen die Probleme erst richtig an. So wie Seminarschulen voll sind von Menschen, die enttäuscht sind von der Schulmedizin oder klassisch ausgebildeten Therapeuten, so voll sind dann wiederum Praxen mit Menschen, die ihren Weg verloren haben, weil sich die "kosmische Seelenfamilie" als reine Illusion herausstellt.

In Seminaren, die einen esoterischen Hintergund haben, läuft man Gefahr, den Bezug zu der Realität zu verlieren, in der wir nun einmal leben. Es ist erhebend immer wieder zu hören, dass man ein multidimensionales Wesen ist, das lediglich eine menschliche Erfahrung macht und man kann sich völlig einspinnen in diese wunderbaren Welten. Leider hilft das Wissen um die Multidimensionalität selten im Alltag. Je mehr man sich wegbeamt in andere Dimensionen, desto härter ist oft die Landung im realen Leben mit seinen Herausforderungen.

Leider sind wir keine Besatzung der Raumschiff Enterprise und in den Seminaren wird oft gebeamt, aber wenig geerdet. Und manchmal fehlt uns Scotty, der uns wieder sicher ins Vertraute holt. Mein Tipp: Erdet euch immer gut, damit ihr nicht verloren geht in den Weiten der esoterischen Dimensionen.

In den folgenden Beiträgen setze ich mich mit dem auseinander, was mich irritiert hat und noch immer irritiert. Auf manche Dinge habe ich noch keine Antwort für mich gefunden.

Hinweis

Für mehr Übersichtlichkeit habe ich auf dieser Seite weiterführende Links aus meinen ursprünglichen Beiträgen entfernt. Möchten Sie mehr erfahren, klicken Sie bitte auf die Blogbeiträge.

Alle Fotos und Texte dieser Seite und meines Blogs wurden aus meinem Blickwinkel festgehalten und verfasst. Eine Verwendung von Texten bitte nur mit Angabe der Quelle.

Sie finden auf dieser Seite folgende Beiträge:

Tipps und Anregungen

Autoritäten

Der weibliche Hang zur Esoterik - ein menopausaler Mittelfinger?

LSD-Tapeten

Esoterik I: Robert Betz - Der Mann fürs gewisse Zeitalter

Esoterik II: Robert Betz, Amazon und Authentizität

Esoterik III: Robert Betz und die Lehre

Esoterik IV: Nachtrag - Esoterikseminarerfahrungen

Links / Veröffentlichungen zu Robert Betz

Weitere Blogbeiträge zum Thema

(Hinweis: Wenn Sie auf die Überschrift klicken, kommen Sie direkt auf den Beitrag. Zurück zur Inhaltsangabe einfach den Button "nach oben" drücken)

Nach oben


Tipps und Anregungen

Buchtipp

Wer mehr über die ausgefeilten Werbestrategien des immer größer werdenden Esoterikmarktes wissen möchte, wer einen vertrauten Menschen an eine höhere Dimension verloren hat, wer selbst in der Szene verhaftet ist und aus der Manipulationsfalle herauskommen möchte, wer es geschafft hat sich zu distanzieren und verstehen möchte in welchen Sog er geraten ist, dem kann ich das Buch "New cAge" von Johannes Fischler empfehlen. Als Psychologe und Marketingkenner zeigt er die Entwicklungsstufen, die auf der Suche nach dem "Wahren Selbst" zur "Ware Selbst" führen.

Film

Die Sendung "laVita" widmete dem Thema eine Sendung mit dem Titel "Das Geschäft mit der Esoterik".

Homepage

"Jede Methode ist ein Boot, das Dich ans andere Ufer bringen kann. Wenn Du dort angekommen bist, musst Du aussteigen"  (Autor unbekannt)

Dieses Zitat fand ich auf der Homepage des Kultexperten Dipl.-Psych. Univ. Dieter Rohmann. Er selbst gehörte für 7 Monate der Gruppe "Kinder Gottes" an, bevor er seine Hochschulreife nachholte um Psychologie zu studieren. Heute begleitet er Aussteiger aus der Kult- und Sektenszene und deren Angehörige. Auf seiner Seite "Kulte - Einstieg in den Ausstieg" sind wertvolle Informationen zu diesem Thema zu finden.

Nach oben


***

Autoritäten

Blogbeitrag vom 13. März 2013 "Autoritäten"
 

Gestern schaute ich mir auf Sat 1 die Doku zu Aufstieg und Fall des Politikers mit Adelstitel Karl Theodor zu Guttenberg an. Die Internetorganisation GuttenPlag Wiki hatte damals einen großen Anteil an der Aufdeckung des Ausmaßes von Plagiaten in seiner Doktorarbeit. Die Gliederung der Plagiate zeigte auf, dass Passagen aus einer Diplomarbeit fast wortwörtlich übernommen wurden. Die Verfasserin der Diplomarbeit fühlte sich anfangs fast "geehrt", dass ein Minister aus ihrer Arbeit abgeschrieben hat. Bei Durchsicht der Doktorarbeit fühlte sie sich mehr und mehr beraubt. In einem Interview meinte sie, dass sie in der Rücktrittsrede von Guttenberg etwas Entscheidendes vermisste: Reue und eine Entschuldigung. Von Guttenberg gab Fehler zu, die menschliche Komponente bezog er nur auf sich, indem er sich als Opfer der Medien sah. Die Ausbeutung anderer, deren Arbeiten er dazu benutzte sich einen Doktortitel zu verschaffen, erwähnte er mit keinem Wort. Desweiteren fand ich gestern einen sehr interessanten und ehrlichen Artikel über die Genese des "normalen" Missbrauchs von Dr. Angelika Hirsch mit dem Titel "Im Bermudadreieck von Idealisierung, Erwählung und Scham". Der Artikel beschreibt, wie anfällig wir Menschen für Machtmissbrauch werden, wenn wir zu den "Suchenden" gehören und im Status der Idealisierung oder des Idealisiertwerdens sind.


In der Phase des Idealisierens ist die Gefahr, selbst missbraucht zu werden außerordentlich groß. In der Phase des Idealisiertwerdens wird man leicht selbst zum Missbrauchenden.
Ich rede hier nicht von gewalttätigen Übergriffen, von pathologischer Pädophilie oder von
Sadismus. So schlimm diese sind, sie sind in der Minderheit und Gut und Böse so eindeutig, dass sich die Opfer von den Tätern leichter distanzieren können. Ich rede von dem schleichenden, dem "gutgemeinten" Missbrauch, der aus einer Gemengelage uneingestandener, verdrängter, sublimierter, redefinierter Bedürfnisse in einer Atmosphäre besonders hohen Idealismus entsteht.
Ich rede von dem Missbrauch, der nicht gewaltsam und bewusst über Grenzen geht, sondern sie unmerklich immer weiter verschiebt. Ich rede von dem Missbrauch, der mich durch meinen eigenen Idealismus zum Komplizen macht.
 

Sie beschreibt eine eigene Erfahrung, ihren Eintritt in ein Kloster und die Grenzüberschreitung ihrer Intuition, die sie zum Komplizen des Systems von Missbrauch machte.
 

Als ich in Kloster eintrat, war ich weder blutjung noch geistig eingeschränkt. Ich kannte das Kloster seit 10 Jahren, wusste seit über zwei Jahren, dass ich diesen Schritt tun würde, unvorbereitet nennt man das nicht. Ich hatte nicht nur meinen Haushalt, sondern mein ganzes weltliches Sein aufgelöst und war mit zwei Koffern, in denen sich die Sachen befanden, die ich laut einer Liste mitbringen durfte, angereist. Schwester B., die ich sehr mochte, nahm mir die Koffer ab, ich wurde inzwischen durch die Klausur geführt. Etwas später lief uns Schwester B. zufällig wieder über den Weg und rief gut gelaunt: "Ich habe die Dose mit der Nachtcreme mitgenommen, die dürfen Sie nicht haben." Ich erstarrte, nicht wegen einer Kleinigkeit, die ich nicht haben durfte, sondern weil sie offenbar ganz selbstverständlich meinen Koffer aufgemacht hatte. Als ich in meine Zelle kam, fand ich dann auch meine Schlüpfer, Hemden und Strümpfe hübsch ordentlich in den Schrank geräumt. Es gab keine Geheimnisse in diesem Koffer und wenn sie gefragt hätte, ob sie ihn ausräumen dürfte, wäre es in Ordnung gewesen. Aber die Selbstverständlichkeit mit der dies geschah, erschütterte mich im Innersten und ich empfand sie als extrem übergriffig. Genau in diesem Moment hätte ich mich umdrehen und gehen müssen. Aber ich hatte nicht ansatzweise den Mut, mir und aller Welt zu erklären, dass ich an diesem Ort falsch war, ich wäre vor Scham im Boden versunken. Ich hatte behauptet, hier bis zum Ende meiner Tage zu bleiben, ich hatte groß und tränenreich Abschied genommen, alle wussten, dass ich mutig genug war, in ein strenges Kloster zu gehen. Ich versuchte also, die Sache mit mir auszumachen, die Episode als lächerlich und mich als zickig zu stempeln und stürzte mich kopfüber in das Experiment, eine besonders gute Nonnen zu werden. Dies war die erste und bei weitem harmloseste Geschichte, der Beginn meiner Komplizenschaft.
Gleichzeitig war ich erfüllt von der Liturgie, dem Chorgebet, den Festen, der strengen Struktur, ich mochte die Schwestern, liebte die Oberen und bekam auch Liebe. Ich habe mitgemacht. Ich habe eingewilligt. Es hat mir gefallen. Vieles jedenfalls. Ich war kein hilfloses Opfer. Dass ich emotional abhängig war, habe ich damals natürlich nicht gewusst, dunkel geahnt wohl schon. Und das ist das, was man sich kaum wieder verzeiht, das ist der tödliche Sumpf der Scham. Auch wenn eine deutliche Hierarchie besteht, wenn Schwächere von Mächtigeren missbraucht werden, hat man doch als Schwacher und Abhängiger seinen Verstand und sein Gefühl nicht vollständig an der Garderobe abgegeben. Dass man tatsächlich zu schwach war, glaubt man auch im Nachhinein kaum.
Die Asymmetrie der Macht ist gerade durch das "Gute", das man bekommen hat, nicht fühlbar. 
 

Auf der Seite "Sekten und Psychogruppen" bietet der Berliner Senat eine Checkliste, unter anderem für Seminaranbieter. Ich denke nicht, dass ich in meiner Ausbildung Sekten aufgesessen bin, unter der Rubrik "Atmosphäre" jedoch gab es Anhaltspunkte, die mir zu denken gaben.
Die Erfahrung von Frau Dr. Hirsch ist anwendbar auf alle Systeme, die mit "Hierarchie" arbeiten. Du Schüler - ich Lehrer und sofort ist man als Seminarteilnehmer in der Schülerrolle von einst. Da sitzt man als erwachsene Person oder denkt das zumindest über sich und kämpft mit all den Schatten, die wir aus unserer Schulzeit noch kennen. Und schneller als man denken kann, ist man in der Überzeugung "Der Lehrer (ersatzweise jegliche Autorität) weiß es besser".
Bei Dr. Hirsch kommt das Etikett "Elite-" vor. Wer zur Elite gehört fühlt sich auserwählt, er hebt ein bisschen ab und verliert manchmal den Kontakt zum Boden(ständigen). Eine weitere Gefahr ist der unterschwellige Glaube, dass nur ein Elitärer eine Elite ausbilden kann. Und schon sind wir wieder in der Idealisierung. Man will ja schließlich nur von den Besten lernen.

Auch ich habe eine Ausbildung bei einer Institution gemacht, das auf seiner Homepage warb "Wir bilden die zukünftige ...-Elite aus". Dieser Slogan bereitete mir ein unbehagliches Gefühl. Da ich gelernt habe bei mir selber hinzuschauen, versuchte ich meine Blockaden bezüglich "Elite" zu lösen. Heute weiß ich, dass ich sie nicht lösen muss. Oft wird mit etwas geworben, was nicht eingehalten wird. Es werden Idealisierungen inszeniert, indem nur begeistert positive feedbacks auf Homepages gestellt werden. Die Authentizität zeigt sich, wenn kritische feedbacks als das genommen werden, was sie sind. Möglichkeiten zu Verbesserungen. Sie zeigt sich auch darin, dass ein Seminarleiter (ein Politiker, ein Ordensmann, jegliche Autorität) sich entschuldigt, wenn er einen Fehler gemacht hat. Gewählte oder selbsterwählte oder ernannte Autoritäten sind auch nur Menschen. Sie machen Fehler. Wer sich darüber erhebt, wer seine Macht missbraucht, andere ausbeutet und benutzt, vorführt und demütigt, sollte sich zumindest entschuldigen können. Wenn ein Ausbilder das Werkzeug, das er lehrt, selbst nicht anwendet, welche Elite will er dann ausbilden?
Es gibt Autoritäten, die dienen als gutes Beispiel. Zur Nachahmung oder zur Abschreckung. Da wir aus unseren Lernphasen oft gute Dinge mitnehmen, ist es so schwer das Ungute wahrzunehmen. Und wenn wir es wahrnehmen, tendieren wir dazu es schönzureden, weil wir uns das Gute nicht schlecht machen wollen. Weil wir an dem Ideal, das wir hatten, festhalten (wollen). Weil wir anderen gegenüber loyal sein wollen und uns selber oft damit verraten. Werden Grenzüberschreitungen begangen, versuchen wir sie irgendwo einzuordnen, manchmal sogar zu entschuldigen. Letzendlich führt diese Taktik in die Scham. Weil wir nicht agiert, weil wir nicht reagiert, weil wir nicht "Nein" gesagt haben. Weil wir mitgemacht haben.

Gibt es eine Lösung?

Hier die Antwort von Frau Dr. Hirsch
 

Gibt es einen Ausweg? Für den Einzelnen ja. Er besteht in dem schmerzhaften Prozess, sich dieser Scham zu stellen, sie nicht weiter zu verdrängen. Gut ist, wenn man sich von Menschen dabei helfen lässt, die selbst diesen Prozess schon durchlaufen haben.
Gibt es einen Ausweg für die Kirche, die Gesellschaft? Nur graduell. Menschen wollen idealisieren und werden idealisieren. Wenn sie nicht mehr die Jesuiten, Benediktiner oder eine
Reformbewegung idealisieren, dann eben Popstars, tibetische Mönche, Kronprinzen oder
Präsidenten. Die Kirche muss sich öffnen, Kontrolle ihrer Machtstrukturen zulassen, die Arroganz bekämpfen, sie muss lernen, mehr zwischen Rolle und Person zu unterscheiden. Das nutzt aber nichts, wenn nicht gleichzeitig jeder Einzelne wachsamer wird für seine Idealisierungen, die er an Priester, Ordensleute und Institutionen wie Klöster und Elite-Schulen heranträgt.
 

Ich kann dem nur zustimmen. Arroganz und Grenzüberschreitungen sind verbreitet, wo es Hierarchien gibt. So lange wir unsere eigene Autorität nicht annehmen, die uns auf Augenhöhe mit anderen sein lässt, so lange wir idealisieren und idealisiert werden wollen, wird es Machtmissbrauch geben. Es gilt zwischen Rolle und Mensch zu unterscheiden. Mir kann jemand als Mensch symphatisch sein und in seiner Rolle als "Autorität" meine Grenzen überschreiten. Ich kann zum Mensch "ja" und zur Autorität "nein" sagen. Das ist mein Recht, das ich mir selbst nehmen muss. Es gilt die eigene Autorität anzuerkennen, indem wir auf unsere innere Stimme hören. Sie zeigt uns immer den richtigen Weg.

Nach oben


***

Der weibliche Hang zur Esoterik - ein menopausaler Mittelfinger?

Blogbeitrag vom 13. September 2013 "Der weibliche Hang zur Esoterik - ein menopausaler Mittelfinger?"


Bernd Kramer, Journalist, brachte im Mai diesen Jahres ein Buch heraus mit dem Titel "Erleuchtung gefällig? Ein esoterischer Selbstversuch". Der Mann bezeichnet sich als Rationalisten und unempfänglich gegenüber dem neuen Numinosen, das sich in unserer heutigen Gesellschaft ausbreitet - Astrologie, Homöopathie, Fern-Reiki, Geistheilen, Hellsehen, Reinkarnation, Lichtarbeit, Channeling. Undercover taucht er in die Esoterikszene ein. Unter anderem als Berater einer Hotline, einzige Voraussetzung für diesen Job ist der Kontakt zur geistigen Welt, und ausgestattet mit einem "Transzendenzzapfen", den er als günstigen Weihnachtsdekoartikel erwarb, auf einer Esoterikmesse. Wo auch immer er auftauchte, ob Seminar für das Erlernen von Hellsehen, Hotline oder Messe, traf er auf Frauen. Bevorzugt auf Frauen mittleren Alters. Und als Frau mittleren Alters frage ich mich:

Was suchen wir da?

Ich habe eine Antwort darauf, warum ich selbst eine Ausbildung zum Reikilehrer absolvierte, nach was ich suchte, ob und wie ich es fand und was sich  daraus entwickelte. Und ich möchte viele Frauen fragen, was sie dort suchen, in Horoskopen, Channelings, in einer Lichtkörperausbildung, auf Ho´oponoponoseminaren, beim schamanischen Heiler, in Engelkarten. Bestimmt gibt es nicht nur eine Antwort auf die Frage. Mich interessiert auch das, was darunter liegen könnte, denn solche Phänomene sind ja Strömungen in einer Gesellschaft und haben einen Grund, der oft in der breiteren Entwicklung einer Gesellschaft bedingt ist.
Und nun habe ich einen Artikel gefunden, der die Möglichkeit einer Antwort von vielen bietet. Ich finde interessant, was da aus Männermund kommt, in diesem Fall von kanadischen Wissenschaftlern der McMaster University, Hamilton, Ontario. Aus dem Mund von Männern, denen Männer wie Herr Kramer glauben - Wissenschaftler.
Die Artikelüberschrift lautet "Sind Männer schuld an der Menopause"? Und die Wissenschaflter behaupten anhand einer Studie, dass die Vorliebe von Männern an jüngeren Partnerinnen verantwortlich dafür ist, dass Frauen eine Menopause entwickelt haben. Außer uns Menschenweibchen gibt es nur noch zwei bekannte Arten, bei denen die Weibchen die Reproduktion relativ früh einstellen: die Killer- und die Grindwale. Warum wir?
Ein Erklärungsmodell ist der "Großmutter-Effekt", der besagt, dass das weibliche Genmaterial weiter gestreut wird, wenn wir uns nicht nur um die Aufzucht der eigenen Kinder, sondern uns auch noch um die Aufzucht der weiteren Nachfahren kümmern. Davon halten die kanadischen Wissenschaftler nichts, sie behaupten, dass wir Frauen unsere Fruchtbarkeit bis ins hohe Alter behalten und uns somit wie die Männer lebenslang fortpflanzen könnten, wäre da nicht die Neigung der Männer zu jüngeren Frauen. Ältere Frauen bekommen deswegen keinen Nachwuchs mehr, weil ihnen die Sexualpartner fehlen. Sehr spannend finde ich die Behauptung, dass die Entwicklung auch andersherum möglich wäre, nämlich, dass die Männer ab fünfzig ihre Zeugungsfähigkeit einstellen würden, hätten die Frauen sich jüngeren Partnern zugewandt.
Davon abgesehen, dass es heute wahrscheinlich nur noch für wenige erstrebenswert ist bis ins hohe Alter Kinder bekommen zu können, gibt es da noch ein beachtenswertes Detail, die verlängerte Lebenserwartung. Es wird vermutet, dass Frauen früher nicht sehr lange über ihre reproduktive Phase hinaus gelebt haben. Heute aber ja. In der Regel steht uns noch ein Drittel  unseres Lebens bevor. Und was fangen wir Frauen mit der Zeit an, die uns über die Reproduktion hinaus bleibt? Was fangen wir mit der Zeit an, wenn nicht einmal der spekulierte Großmutter-Effekt bleibt, weil die Kinder keine Kinder bekommen (können/wollen) oder so weit weg wohnen, dass keine Unterstützung möglich ist? Und ich wage jetzt einmal eine riskante Frage:

Was gibt uns eine evolutionsbedingte Daseinsberechtigung in einer Zeit, in der sich immer mehr Männer jüngere Partnerinnen suchen und aufgrund ihrer lebenslangen Reproduktionsfähigkeit auch noch einen Sinn darin sehen und das Argument auf ihrer Seite haben, dass da männlicher Instinkt waltet, der das Erbgut weit und gesund gestreut haben will? Wo bleibt der Sinn im Leben der über die Reproduktion hinaus lebenden Frau?

Bitte nicht missverstehen, ich habe kein Interesse daran eine einfache Antwort in der Evolution oder dem Verhalten der Männer zu finden oder Schuldzuweisung für die weibliche Midlifecrisis zu betreiben.
Die Frage ist: Kann es sein, dass sich Frauen mittleren Alters nicht mehr von einer männlichkeitsdominierten Wissenschaftswelt überzeugen lassen wollen? Dass sie den menopausalen Mittelfinger heben und sagen "Logik und wissenschaftliche Beweisführung sind mir egal!"? Dass sie nach etwas suchen, was ihrem Leben außerhalb von Ehrenämtern oder Aufopferung in Pflege jeglicher Art einen Sinn gibt? Jenseits von Wissenschaft und Vernunft? Im Übersinnlichen?
Ich möchte hier nicht diskutieren, ob die Esoterik der richtige Platz ist. Ich möchte fragen

Was sucht ihr in der Esoterik und was findet ihr?

Alle Frauen, die sich von diesem Beitrag und der Frage angesprochen fühlen, dürfen mir gerne schreiben (info@leben-zuhoeren.de). Männer selbstverständlich auch. Da über der Esoterik noch immer ein Hauch des Mystischen liegt, wäre es mal an der Zeit für Entzauberung.

Nach oben


***

LSD-Tapeten

Blogbeitrag vom 05. November 2013 "LSD-Tapeten"


Im Zeit-Magazin gibt es eine unregelmäßige Kolumne, die heißt "Die beschwipste Frau" und es geht um Alkohol. Seit ein paar Tagen stelle ich mir vor, dass ich eine unregelmäßige Kolumne schreiben darf mit dem Titel "Die LSD-Tapeten berauschte Frau" und es geht um Räusche anderer Art.
Was könnte ich Geschichten schreiben über Pril-Blumen auf beigefarbenen Küchenfliesen, Tri-Top, Hosen mit Extremschlag, die keiner Fahrradkette entkamen, Bonanzaräder mit Fuchsschwanz und Tapeten an den Wänden, die aus einem LSD-Rausch designed schienen.

Sehr geehrter Herr Dr. Martin Mahner (hauptamtlicher Skeptiker und Leiter des Zentrums für Wissenschaft und kritisches Denken, Gründungsmitglied der GWUP - Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften und Ausrichter des PSI-Tests , Unterstützer des esoterikkritischen Buches "Erleuchtung gefällig - ein esoterischer Selbstversuch" von Bernd Kramer) und sehr geehrter Herr Prof. Dr. Heinz Oberhummer (Emeritierter Universitätsprofessor für Theoretische Physik an der TU Wien und Mitglied der Sciene Busters, Vorwortschreiber des Esoterikkillers "New (c)Age" von Johannes Fischler), ich habe da eine weitere von vielen möglichen Antworten auf Ihre Frage nach der Dummheit des heutigen gläubigen Volkes, was die Esoterik betrifft.

Ich glaube, dass heutzutage so viele Leute für den Humbug der Esoterik aufgeschlossen sind, weil sie als Kinder vor diesen LSD-berauschten Tapeten spielten, in jedem Zimmer ein anderes großformatiges psychedelisches Muster, dazu später die Musik von Pink Floyd  - "Shine On You Crazy Diamond" - Auszug aus dem Songtext

Remember when you were young, you shone like the sun
Shine on you crazy diamond
Now there's that look in your eyes, like black holes in the sky
Shine on you crazy diamond

und heute hat jeder einen Kristall im Fenster hängen. Zufall? Desweiteren berichtete der Bassist Roger Waters, dass "at times the group was there only physically. Our bodies were there, but our minds and feelings somewhere else", was in der Summe schon die Sehnsucht und einen Zugang zur Welt der Bewusstseinserweiterung und Astralreisen legte. Irgendwie waren wir doch bereits als Kinder auf Dauertrip. Jedes Wohnzimmer war völlig verqualmt, denn Rauchen war in, die Aschenbecher quollen über und keiner machte sich Gedanken über die Auswirkungen von Asche in kindlichen Lungen. Was haben wir alles passiv inhaliert? Tapeten, Musik, Qualm, all das wurde uns ungefragt verabreicht. Man nennt so etwas "Manipulation der Masse". Einmal heiß gemacht, wächst der Hunger danach (siehe Werbung).
Einfache Tapetenmuster. Wer hätte das gedacht?

Gibt es eine Statistik über den Zusammenhang von LSD-Tapeten und dem Hang zur Esoterik? Gibt es eine Verschwörungstheorie für die Tapetenmuster der 70er Jahre? Oder für die Musik von Pink Floyd? Welcher Geheimdienst hat unsere Designer bestochen, damit sie diese Muster in die Wohnungen brachten und damit eine Hysterie auslösten, die scheinbar vernünftge Leute heute dazu bringt an Fernreiki zu glauben? Wer wollte, dass eine große Masse Jahrzehnte später denkt, dass Bewusstseinserweiterung für jeden zu haben ist? Wer hat Pink Floyd geschmiert und ihnen LSD kostenlos verabreicht, damit sie solche Songs schreiben konnten? WER steckt dahinter? Und wohin bringt uns diese unglaubliche Volksverdummung? Zum Ende der Ratio? Zum Ende der Wissenschaftsgläubigkeit? Dem echten Weltuntergang?

Nach oben


***

Esoterik I: Robert Betz - der Mann fürs gewisse Zeitalter

Blogbeitrag vom 10. November 2013 "Esoterik I: Robert Betz - Der Mann fürs gewisse Zeitalter"


Seit einiger Zeit gibt es einen Mann in meinem Leben, an dem ich nicht vorbeikomme. Wo auch immer ich unterwegs bin, er ist da, leuchtet mir entgegen mit diesem strahlenden Lächeln und dem wissenden Blick. Es ist der Mann, der es im Sommer auf Platz zwei der Spiegelbestsellerliste im Bereich "Sachbuch" geschafft hat. Der Mann, dessen neuestes Buch das Gütesiegel eines deutschen Nachrichtenmagazins trägt.


Der Spiegel (Eigenschreibweise: DER SPIEGEL) ist ein deutsches Nachrichtenmagazin, das im Spiegel-Verlag in Hamburg erscheint und weltweit vertrieben wird. Der Spiegel hat mit einer verkauften Auflage von 896.298 Exemplaren[1] die höchste Auflage der wöchentlichen Nachrichtenmagazine Deutschlands und ist zugleich das auflagenstärkste in Europa.[2] Aufgrund seines Einflusses auf die öffentliche Meinungsbildung wird Der Spiegel oft als ein Leitmedium bezeichnet.[3][4

Zitat Wikipedia


Heute steht sein Buch noch immer auf Platz Nummer drei und was kann der Spiegel dafür, wenn Deutschland es liebt Sachbücher mit dem Titel "Schantall, tu ma die Omma winken", "Isch geh Schulhof" oder "Katze liebt Kater" von Daniela Katzenberger zu lesen. Immerhin haben es alle drei unter die Top 20 geschafft, was zeigt, dass die Deutschen noch immer Bücher lesen. Schließlich entscheidet nicht der Spiegel was wir lesen, er macht es nur öffentlich und damit deutlich. Das Buch von Robert Betz trägt nun mal den gleichen begehrten Aufkleber wie das von Katze.

Ich mache schon seit längerem einen großen Bogen um die Lebensberatungsecke in unserem Buchkaufhaus, da dort die wirklich guten Bücher zwischen Engelkarten, Pendel, Edelsteinen und Buddhaköpfen zu suchen sind. Das ärgert mich. Da gehe ich dann doch lieber zu Amazon, wo ich das Buch finde, das ich suche und nicht zwischen all dem Ramsch wühlen muss.

Aber zurück zu unserem Mann fürs gewisse Zeitalter.
Es reicht nicht, dass er auf Facebook ganz oben im rechten Werbefeld erscheint, nein, er schiebt sich ungefragt zwischen meine Neuigkeiten mit der Ansicht "Diese Seite könnte Ihnen auch gefallen (schließlich gefällt sie 119.000 Lesern)" und Facebook ist nicht so freundlich diese Seiten umsonst zu empfehlen. Dafür wird richtig gut Geld verlangt. Das ist Werbung erster Klasse.
Als wir kürzlich einen Freund besuchten, lag auf seinem Wohnzimmertisch der aktuelle Bestseller "Willst du normal sein oder glücklich?" und der allgegenwärtige Mann lächelt mich wieder so unglaublich verständig an. Ich blätter rein und lese Worte, die fast auf mich schießen, mit solch einer Überzeugungskraft springen sie mir entgegen. Was er sagt ist nicht falsch, aber irgendetwas stört mich.
Ich gehe auf seine Homepage. Auch dort ist er sofort präsent mit Lächeln und Lachen. Robert, Robert, Robert schreit es mir entgegen. Da feiert sich jemand. Er hat einen Titel, der ihn legitimiert Leuten Ratschläge zu geben. Er ist Diplompsychologe, das klingt schon mal gut. Und er ist eindeutig esoterisch angehaucht, wie der Menüpunkt "Geistige Welt" mit der Blume des Lebens zeigt. Ich werde neugierig. Was hat dieser Mann für einen Werdegang? Vom Industriekaufmann zum Werbeprofi um dann auf der Basis von Botschaften aus der geistigen Welt eine neue Form von Therapie mit geschützter Marke auf den Markt zu bringen.

Einige Dinge machen mich stutzig.

Warum denkt ein Mann, der sich nach einer Sinnkrise von seiner Frau scheiden ließ, dass ausgerechnet er befähigt ist "Frauenseminare" zu halten? Und Frauen, warum ausgerechnet haltet ihr diesen Mann für befähigt? Der Zuspruch, den dieser Mann fürs gewisse Zeitalter von Frauen erhält, ist für mich genau so wenig verständlich wie der Zuspruch, der so manchem "Sachbuch" den Sprung auf die Spiegelbestsellerliste verschafft. Fragezeichen.

Der zweite Punkt, der mich misstrauisch macht - nirgendwo steht, dass der Diplompsychologe therapeutisch praktiziert hat. Klar, das ist nicht die Aufgabe von Psychologen. Ich habe mir sagen lassen, dass Psychologen einzigartige Statistiken erstellen können, aber therapeutisch sind sie nicht ausgebildet. Dafür braucht man ein zusätzliches Studium (liege ich falsch?). Woher nimmt er die therapeutische Erfahrung, damit er seine eigene Therapieform entwickeln kann? Oder können Therapien aus dem Blauen heraus erfunden werden? Oder verwendet er seine Therapie um aus den Erfahrungen Statistiken zu erstellen? Fragezeichen.

Ach ja, die geistige Welt, vielleicht bietet sie die Antwort. Wer heute esoterisch unterwegs ist, sollte einen Kontakt zur geistigen Welt haben. Das ist schick, das braucht man heutzutage. Früher brauchte man Vitamin B um sein Ziel leichter zu erreichen, heute braucht man Vitamin G. Es ist ein Freischein um gute Ratschläge geben zu können. Und es reicht aus um Menschen um sich zu scharen, die nach Führung suchen. Das besonders Schicke an diesen Kontakten ist, dass sie den Kontakter von jeder Verantwortung ausschließen, denn schließlich wird nur gechannelt, man ist lediglich Medium, man gibt die Botschaften nur weiter. Da Herr Betz (noch) nicht selber channelt, unterhält er Kontakt zu Frau Schirnack, die ihm die Botschaften vorlegt, damit er gescheite Fragen dazu stellen und sie dann in seinem Sinne interpretieren kann. Und Herr Betz ist da nicht der Erste, sein Vorbild dürfte der Amerikaner Tom Kenyon sein, der in der Lage ist Kontakt zum Volk der Hathoren herzustellen, um dann die etwas unverständlichen Botschaften fürs gemeine Volk zu übersetzen und zu interpretieren. Hathorensprache ist nicht jedermanns Sache, genau so wenig wie das verquaste Zeug, das durch Andrea Schirnack kommt. Wer hat Lust so etwas zu lesen? Das schreit nach Übersetzung und Interpretation und das macht Herr Betz doch gerne. Schließlich gehört er zur Bruderschaft.


Gott zum Gruße Bruder, der du dieses katalysierst und der du dieses in die Weite nimmst.

Zitat auf der Homepage unter "Geistige Welt"


Allein sein Bestseller „Willst du normal sein oder glücklich“ steht seit zwei Jahren ununterbrochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und wurde fast 250.000 mal verkauft.

"Über Robert Betz" auf der Homepage


Das schaue ich mir mal an. Ich gehe auf Amazon und sehe, dass der Besteller dreieinhalb von fünf möglichen Sternen hat. Naja, da kenne ich Bücher, die auf keiner Bestsellerliste stehen und volle fünf Punkte haben. Hmmmm, und als ich so die Rezensionen lese, frage ich mich, wie diese dreieinhalb Punkte überhaupt zustande kommen. Denn es gibt haufenweise enttäuschte, manchmal sogar fassungslose Kritik an diesem Buch. Manche Leser hätten gerne -3 Sterne vergeben, das negativste mögliche Ergebnis sieht jedoch mindestens einen Punkt vor. Wie würde also das wahre Ergebnis in der Gesamtsumme ausfallen? Ein Stern für einen Spiegel-Bestseller? Am meisten sind die Leser über die Tatsache verärgert, dass Herr Betz nicht auf den Punkt kommt und immer dann, wenn es spannend wird, was gibt es dann? Richtig, Werbung! Werbung für seine eigenen Produkte, die er zuhauf produziert. Wie schafft man es mit einem Werbeprospekt auf Punkt zwei der Bestsellerliste? Leute, der Mann ist ein Werbeprofi. Er weiß wie man verkauft, das hat er gelernt, das beherrscht er aus dem ff.

"...geht er mit 28 Jahren in die Wirtschaft, arbeitet fünf Jahre in PR- und Werbeagenturen und wechselt mit 35 Jahren zu einem amerikanischen Industrieunternehmen. Schon nach drei Jahren wird er hier zum 'Vice President Marketing Europe' ernannt"

Homepage "Über Robert Betz - Der Marketing-Manager"

Er ist mit 38 Jahren "Vice President Marketing Europe", das ist Talent!
Würde Der Spiegel kurze Bemerkungen zu den Büchern auf seiner Bestsellerliste abgeben, würde ich für „Willst du normal sein oder glücklich“ die Lebensberatung streichen und es als Vorzeigebeispiel für Product Placement vorschlagen.

Was mich aber am allermeisten stutzen ließ, war sein Videoclip auf der Startseite "Robert Betz über die Transformationstherapie". Er ist eloquent, versteht die Körpersprache und sagt vollmundig über seine Therapieform, die mit Hilfe der geistigen Welt entstand

"...und (sie wird) in den kommenden Jahren zu einer sehr bekannten, erfolgreichen Methode auf diesem Erdball werden"

Videoclip auf der Homepage


Ich hätte gerne Dr. Lightman aus der Serie "Lie to me" neben mir, der mir erklärt, was aufgeblähte Nasenflügel während des Sprechens bedeuten. Auf diesem Erdball wird die Therapie von Robert Betz über uns kommen, ob wir wollen oder nicht, wir werden transformiert und glücklich gemacht. Wir müssen unsere Normalität hinter uns lassen. Und das Glück kommt nicht nur über Deutschland, Österreich, die Schweiz oder über Europa, nein, es wird über den Erdball kommen. Welt, freu dich.

Bei solchen Worten jagt es mir einen Schauer über den Rücken. Da will jemand die Welt erobern, nein, er ist davon überzeugt sie zu erobern. Mit seiner Methode. Das sind für mich Allmachtsfantasien. Hatten wir das nicht schon mal? Brauchen wir wieder einen Führer? Sehnen wir uns so sehr nach einem Heilsbringer? Und ist es gerechtfertigt, wenn jemand die Welt mit Transformation erobern will? Ohne uns zu fragen, ob wir das alle wollen?

Jede Zeit hat ihre Verführer. Es liegt an uns, ob wir auf sie hereinfallen wollen oder nicht. Ich sage Nein zu Robert Betz und seiner Erdballbeglückungsfantasie.


Es gibt den Spruch "Nur weil es alle sagen, heißt es nicht, dass es wahr ist". Ich möchte sagen "Nur weil so viele es gut finden, heißt es nicht, dass es gut für mich ist".

Nach oben


***

Esoterik II: Robert Betz, Amazon und Authentizität

Blogbeitrag vom 11. November 2013 "Esoterik II: Robert Betz, Amazon und Authentizität"


Da ich mich heutzutage nicht mehr auf den Aufkleber verlassen kann, der ein Buch als "Bestseller" auszeichnet, was ja wirklich nur heißt, dass es "best geselled" wird, aber noch lange nichts über die Qualität des Buches aussagt, gilt es mir die Zeit zu nehmen und selber im Laden in das Buch hineinzublättern oder mir bei Amazon die Rezensionen dazu anzuschauen.

Was mir aufgefallen ist. Ich habe mir nun alle dreizehn Seiten mit einhundertachtundzwanzig Rezensionen zu Herrn Betz´ Buch "Willst du normal sein oder glücklich?" angeschaut. Die ersten eingegangenen Bewertungen waren positiv mit der Vergabe der Höchstpunktzahl. Sechs Seiten geht das so. Durchweg fünf und sehr selten vier Sterne. Auf der siebten Seite erfolgt der Einbruch, die Rezensionen vermischen sich, von fünf über drei bis zu einem Stern ist alles dabei. Ab da geht es bergab. Zwischen all den ein oder zwei Sternen mal wieder die Höchstzahl, selten ein Mittelwert von drei Sternen.
Die Meinungen zum Buch gehen extrem auseinander. Die einen schwärmen in den höchsten Tönen, die anderen finden es einfach nur übel. Das ist es, was Herr Betz tut. Er spaltet auf in zwei Lager. Das eine Lager himmelt ihn an, das andere wehrt sich.

Da ich selbst zwei Ausbildungen absolviert habe, die mit höchstesoterischem Gedankengut versehen waren, kenne ich diese Art von Polarisierung gut. Herr Betz wirkt ja augenscheinlich fit, glücklich und erfolgreich. Wollen wir das nicht alle sein? Warum sich also nicht überzeugen lassen von jemandem, der es "geschafft" hat? In den Augen derjenigen, die es "geschafft" haben, die klar, glücklich, mit sich im Frieden und erfolgreich sind, sind die aus dem anderen Lager, die noch immer an ihrem "Unglück" festhalten, die sich nicht überzeugen lassen wollen, noch immer verstrickt in einem "niederen" Bewusstsein. Es gibt sozusagen eine Bewusstseinshierarchie. Und sorry Leute, aber ihr, die ihr noch immer nicht die frohe Botschaft von Glückwerdung durch Transformation versteht und annehmt und partout nicht ins Glückreich-Lager wechseln wollt, ihr seid nun mal auf einer der untersten Stufen. Da könnt ihr noch so schlau daherreden, für Esoteriker seid ihr noch immer Gefangene des Massenbewusstseins. Wer nicht hören will, muss fühlen. Ihr werdet zurückbleiben, wenn alle anderen aufsteigen. Das habt ihr selbst zu verantworten. Da Esoterikanhänger der Neuzeit aber von einem Missionarsbewusstsein beseelt sind, geben euch Menschen wie Herr Betz immer wieder die Chance dabei sein zu dürfen und mitzugehen ins Land der absoluten Glückseligkeit, wo bedingungslose Liebe und Frieden herrschen. Warum wehrt ihr euch so dagegen? Wie trotzige Kinder, störrische Esel oder dumme Schafe. Wollt ihr nicht heim ins "Gelobte Land"? Man muss es nur oft genug wiederholen, wie bei Kindern, dann trägt es irgendwann Früchte. Ihr werdet sehen, eines Tages seid ihr reif für die frohe Botschaft der modernen Glücksritter.

Ich habe als Kind schon nicht gerne Spiele gespielt, manchmal eine Runde Halma mit meiner Mutter, Mühle und Dame mit meinem Bruder, beim Roulette oder Monopoly habe ich immer verloren. Mein ehemaliger Chef wollte mich in ein "Glücksspiel" hineinziehen. Es war eine Art Schneeballsystem monetärer Art, ähnlich wie der Aufbau der Kettenbriefe. Er versprach mir viel Geld damit zu machen. Ich ging auf eine Veranstaltung und ein junger eloquenter Moderator stellte die Methode vor, da war ein großer Glückshype, jeder kann reich werden, ich war trotzdem misstrauisch. Irgendeiner muss leer ausgehen, dachte ich mir. Die Freundin meines Chefs, die an der Spitze des Spiels stand, hat wirklich einen Haufen Geld damit verdient, andere haben bezahlt und auf den Reichtum gewartet. Umsonst. Es kamen Leute in unser Geschäft, enttäuscht und konsterniert, da sie meinen Chef für einen seriösen Mann gehalten hatten und nicht glauben wollten, dass sie nur benutzt wurden. Irgendwann ist halt Schluss, weil keiner mehr aufzutreiben ist, der zahlen will. Pech für den, dens trifft. Du musst halt schnell genug sein um unter den Ersten zu sein. Du warst einfach zu langsam. Was können die dafür, die es angezettelt haben? Du trägst die Verantworung für deinen Glauben und deine Begierde.

Es gibt immer einen, der das Zeug dazu hat zu überzeugen und unter den Ersten zu sein. Mein Chef war ein super Typ, keiner traute ihm Skrupellosigkeit zu. Er war in seinem Job absolut kompetent. Gibt es wirklich Gutmenschen, denen nur daran gelegen ist, dass wir glücklich sind? Oder gibt es Gewinner und Verlierer? Gibt es "hohes" und "niederes" Bewusstsein? Und ist das Streben nach hohem Bewusstsein glückseligmachend? Und was ist hohes Bewusstsein? Und wer bestimmt das?
Brauche ich eine Transformationstherapie nach Betz um glücklich zu werden oder gibt es auch andere Möglichkeiten? Dinge, die mich unabhängig sein lassen von einem ausgeklügelten System, das hierarchisch aufgebaut ist wie eine Pyramide. Ganz oben der Guru, dann seine Produkte wie Seminare, Bücher und CD´s, dann seine empfohlenen Therapeuten, die weniger empfohlenen Therapeuten und ganz unten das zahlende Volk, das auch gerne einen Platz in der Welt der Glückseligen ergattern möchte, aber irgendwie zu langsam, zu zögerlich ist.

Das System kenne ich. Zur Genüge. Bin ich aus der katholischen Kirche ausgetreten um mich wieder in ein ähnlich gelagertes Modell einzugliedern? Brauche ich jemanden, der mir sagt wie ich mich selber glücklich machen kann? Möchte ich wieder Regeln befolgen, die von anderen aufgestellt werden? Möchte ich mich wieder in Abhängigkeit begeben? Was sagt das über mich aus? Bin ich auf der Suche nach mir oder nach jemandem, der mir sagt wie und was zu tun ist?

Das möchte ich nicht. Auch ich strebe, wie viele, nach Freiheit, Frieden und Freude. Wie kann ich frei sein, wenn ich mich wieder abhängig mache von einer bestimmten Methode? Es gibt viele Methoden, die zum Ziel führen, es gibt keine alleinig glückseligmachende. Daran mag Herr Betz glauben, ich glaube nicht mehr, ich frage. Aber genau das mag er nicht. Weder er noch seine Methode möchte hinterfragt werden.


Dem deutschen Diplom-Psychologen und ehemaligen Werbefachmann Robert Theodor Betz gelingt es, allein auf der Bühne in einem dreistündigen Dauervortrag Hunderte von Menschen zu faszinieren und in seinen Bann zu ziehen. Im Stil evangelikaler Fernsehprediger doziert er eine Reihe psychologischer „Wahrheiten“, in denen sich die Zuhörerschaft mehr oder weniger wiedererkennt. Mit Überzeugung prophezeit Betz die Transformationsjahre 2012-2014, welche ungeahnte Veränderungen hervorbringen werden. Seine beinahe übermenschliche Autorität, die er in den Augen der AnhängerInnen besitzt, wird durch die monatlichen Engelsbotschaften untermauert.

infoSekta (politisch und konfessionell unabhängige Konsumentenschutzorganisation, mit Sitz in Zürich)

infoSekta wollte auch nachfragen und erhielt als Antwort, dass nicht mehr geantwortet wird. Sie wollten, dass Robert Betz Stellung bezieht zu einem Schreiben. Robert Betz redet viel und gerne, aber nicht mit denen, die eine andere Frage als die Frage nach Glück haben.

Wenn jemand die Welt mit seiner Methode so überzeugt von sich erobern will, dann wäre es doch schön, wenn er darlegen könnte, warum er davon so überzeugt ist. Das wäre dann eine Begegnung auf Augenhöhe und darin sehe ich Zukunft. So wie wir inzwischen gewohnt sind Arzneimittel zu hinterfragen und nicht mehr alles zu schlucken, was uns als wohltuend und heilend verschrieben wird, so möchten wir auch die gepriesenen seelischen Heilmittel auf ihre Zusammensetzung überprüfen. So lange sich Menschen noch als "Lehrer" und "Autoritäten" aufspielen und dabei ist es egal, ob sie ihre "Berufung" aus Not betreiben oder einem Ruf folgen, sind wir in keinster Weise einen Schritt weiter. Authentizität hat nichts mit Überzeugung zu tun, sondern mit Wahrhaftigkeit. Aber die geistige Welt, auf die sich Robert Betz bezieht, entzieht sich der Wahrhaftigkeit, sonst wäre sie ja keine "geistige" Welt. Man kann sie nicht hinterfragen oder beweisen. Man kann nur an sie glauben. Und die Glaubensgemeinschaft wird größer. So wie die Christen auf die Heiden heruntergeschaut haben, so wie die Zivilisierten auf die Urvölker heruntergeschaut haben, so schaut die neue Glaubensgemeinschaft der "Spirituellen" vom Bewusstseins-Stockwerk 27 auf das niedere Bewusstsein der Rationalisten, die noch immer im Hinterfragen stecken und im Stockwerk zwei oder drei rumkrebsen. Es bildet sich eine neue Elite. Die Bewusstseinselite. Die Polarität soll überwunden werden und es wird konkret polarisiert. Da heben sich wieder welche ab. Und im wahrsten Sinne des Wortes heben sie ab. Wir können nur winken und hinterherschauen.

Zurück zu Amazon und seinem Bewertungssystem.
Seitdem ich kürzlich mitbekommen habe, dass Buchneuerscheinungen kurz nach Veröffentlichung in höchsten Tönen gelobt werden und in der Regel mindestens vier Kurzkommentare mit fünf Punkten erhalten, gehe ich davon aus, dass diese Rezensionen keinerlei Aussagekraft haben, da sie von Begünstigern des Autors eingestellt werden. Seitdem ich mitbekommen habe, wie ein darauffolgender kritischer Bericht eines Tages nicht mehr zu finden war, zweifle ich noch viel mehr. Hat das mit Authentizität zu tun? Kritik wegwischen, löschen? Sollen wir wieder zu allem Ja sagen, was uns vorgelegt wird? Weil es für uns gut ist oder für den Erschaffer? Müssen wir jede Schöpfung für gut befinden? Sind wir so weit, dass wir jedem alles zu jedem Preis verkaufen wollen? Warum und wofür? Was ist der wahre Nutzen?

Es bleibt mir nichts anderes übrig als in den Buchladen zu gehen und mir meine eigene Kurzmeinung zu bilden, die über den Kauf oder Nichtkauf des Buches entscheidet. So wie es mir im Leben nicht erspart bleibt, selbst in mich zu gehen, die Dinge in die Hand zu nehmen und zu meistern. Das kann kein anderer für mich tun. Nicht einmal Robert Betz.

Nach oben


***

Esoterik III: Robert Betz und die Lehre

Blogbeitrag vom 12. November 2013 "Esoterik III: Robert Betz und die Lehre"


Was Robert Betz sagt, ist nicht verkehrt.

Es sind alte Weisheiten unter einem neuen Anstrich, die ansprechender rüberkommen als so manches fernöstliche Lehrbuch. Seine Welt der Selbstinszenierung ist bunter, gefälliger als eine Lehre des reinen Wortes ohne Banner mit übergroßen Blumen und bunten Hemden. Auch das Auge will geschmeichelt werden.
In unserer Kultur gibt es den Spruch "Wie du in den Wald hineinschreist, so kommt es zurück". Dass das, was zu uns kommt, lediglich ein Echo auf unsere Taten ist, ist ein altes Wissen. Warum haben wir das noch immer nicht verstanden? Warum betreiben wir noch immer Schuldzuweisung? Weil es das Leben bequemer macht? Weil es einfacher ist zu denken, dass die anderen böse und schlecht sind und uns das Leben schwer machen? Weil es anstrengend ist sich selbst zu hinterfragen? "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst". Eines der christlichen Gebote, das in wenigen Worten ausdrückt, worum es geht. Lerne dich selbst zu lieben, indem du dir den Respekt erweist, den du forderts. Erst dann bist du fähig auch einen anderen zu lieben. Wie oft haben wir diese Lehre gehört, abgeschrieben, rezitiert? Wer hat sie verstanden, umgesetzt, gelebt? Früher wurden diese Weisheiten von der Kanzel gepredigt, wer will das heute noch? Vielleicht brauchen wir diesen multimedialen Einpeitscher, der uns gebetsmühlenartig über alle Kanäle das alte Wissen in neue Brötchen bäckt. Gefälligere Brötchen, denn es war schon immer der Schein auf den wir abgefahren sind und nicht der Kern der Lehre. Das Gefällige kommt an und wird zelebriert. Wir müssen nicht mehr in eine kalte Kirche gehen, wo ein schwarzbefrackter Pfarrer auf uns niederpredigt. Wir fliegen jetzt nach Lesbos, wo der Guru eine Wohlfühloase geschaffen hat, wir unter südlicher Sonne die alte Lehre in bunten Hemden leidenschaftlich vorgetragen bekommen. Um dann auf einem alten Fischerboot zu einem romantischen Plätzchen zu tuckern, wo wir statt trockener Oblate ein üppiges griechisches Mahl serviert bekommen. So fühlt sich Weisheit gut an. Die Lehre ist endlich in der Zivilisation angekommen.
Und genau so wird sie weitergegeben. Höchstzivilisiert, im schicken Rahmen mit Orchideen, Buddhastatuen und vielen Kerzen. Mitzubringen dicke Socken und eine warme Decke. Für Tee und Knabbereien ist gesorgt. Hauptsache Wohlfühlatmosphäre. Da sind wir doch viel mehr gewillt zuzuhören.
Ob uns die Lehre diesmal erreicht? Ob wir sie verstehen, verinnerlichen und leben? Brauchen wir ein kuscheliges Ambiente um bessere Menschen werden zu können? Unseren Schöpferauftrag anzunehmen? Bedingungslos lieben zu können?

In der Kirche wurde die Lehre allen gepredigt. Dort kamen reich und arm zusammen. Jeder hatte die Möglichkeit die Lehre zu hören. Der Obulus wurde im Klingelbeutel gesammelt. Es brauchte Ehrenamtliche um Feste zu organisieren. Das sieht heute ein bisschen anders aus. Die Broschüren der neuaufgelegten Lehre kosten Geld, die CD´s auch. Die Predigten kosten Geld und die Ausbildung zum Nachwuchsprediger erst recht. Und die Absolution in Form von Transformation kostet richtig Geld. Leider können sich das heutzutage nur die Leute leisten, die Geld haben. Die anderen gehen leer aus. Wer kein Smartphone oder PC hat, den erreichen die gestreuten Predigten per Facebook nicht. Alles andere ist sowieso unerschwinglich.
Aber liebe arme Leute, hier ist die frohe Botschaft. Wenn es genug erwachte, erleuchtete, bedingungslos liebende betuchte Menschen gibt, dann profitiert ihr auch davon. Nicht dass ihr viel umsonst bekommt, denn die neuen Prediger müssen das Geld ja wieder reinbekommen, das sie ausgegeben haben und das sind sie sich allemal wert, aber ihr werdet die Schwingungen der Liebe fühlen und könnt dann gar nicht anders als euch auch weiterzuentwickeln. Erst mal wird eine kritische Masse aus dem Geld- und Bewusstseinsadel gebildet und dann seid auch ihr dran. Das ist doch ein Fortschritt oder?

Was ich persönlich sehr gefährlich finde ist der Umgang mit Reinkarnation.
In den esoterischen Botschaften ist immer wieder die Rede vom karmischen Prinzip. Was heißt, dass du in diesem jetzigen Leben eventuell etwas ausbadest, was du in einem früheren Leben in den Wald geschrien hast. Wir sind in einer christlichen Kultur aufgewachsen und in dieser gibt es keine Reinkarnation (mehr). Wir wissen nicht wie wir damit umgehen sollen, haben keinerlei Erfahrungen und Traditionen, die uns Hilfestellungen geben. Insofern muss es zynisch klingen, wenn gesagt wird, dass Menschen ihr Schicksal selbst zu verantworten hätten. Wie können wir das verstehen, wenn wir nicht vertraut sind mit dem Prinzip von Ursache und Wirkung, das sich über mehrere Inkarnationen hinzieht?
Dieser Gedanke wird dann in jede Richtung gesponnen.

Ein kleines Mädchen, das missbraucht wird - Karma.
Ein junger Mann, der totgeprügelt wird - Karma.
Ein Vater, der in einen Unfall verwickelt wird und stirbt - Karma.
Eine Mutter, die jung an Krebs stirbt - Karma.
Verhungernde Kinder in Afrika - Karma.
Wellnessauszeit auf Lesbos - Karma.
Reichtum durch Selbstvermarktung - Karma.

Durch meine Ausbildungen und der Beschäftigung mit der buddhistischen Lehre ist mir der Gedanke der Reinkarnation nicht fremd, aber befremdlich, da ich nicht gelernt habe damit umzugehen. Sehr schnell entwickelt sich so etwas wie emotionale Kälte. Ein Schulterzucken "Selber Schuld". Ein Mangel an Mitgefühl.

Die Betroffenen der Flut vom Frühjahr 2013 hatten das Pech an einem Fluss zu wohnen. Die Fluten versinnbildlichen, dass nun endlich Gefühle fließen sollen. Die Leute, die ihre Häuser trocknen, sollen daran erinnern, dass Ordnung gemacht werden soll. Überall.

Wenn jetzt aufgeräumt wird nach der Flut, in den Kellern und Häusern der Familien, getrocknet und neu gestaltet wird, dann sollte auch in den Gefühlen, in den Tiefen der Herzen, in dem Lieben aufgeräumt werden, das ist die Chance. 

Zitat aus einem Beitrag auf der Facebookseite von Robert Betz vom 4. Juni, aus dem Maria-Strahl, übermittelt durch Andrea Schirnack


Ich habe mich die letzten Tage gefragt, was mich unwohl fühlen lässt, wenn ich die Botschaften von Robert Betz lese oder ihn sprechen höre. Manche seiner Botschaften könnte ich in ihrer Aussage durchaus bejahen, wenn da nicht dieses Unbehagen wäre. Er spricht ständig von Liebe, aber ich fühle sie nicht. Er spricht dauernd von Loslassen, aber ich erkenne das nicht. In meinen Ausbildungen bin ich Leuten begegnet, die mir weitergeholfen haben, aber es war da oft ein Funke von leichtem Schöpferwahn. Auch wenn ich erkenne, dass ich der Schöpfer meines Lebens bin und mir entgegenschallt, was ich in den Wald hineingeplärrt habe, so ist doch ein jeder Mensch ein Schöpfer und hat deswegen das Recht, dass ich ihm auf Augenhöhe begegne. Aber genau das fehlt. Da ist eine Aura von Machtanspruch. Der Lehrer weiß es besser. Es gibt in unseren Seminaren noch immer Frontalunterricht und die Lehrer stehen inzwischen auf einem Podest. Sie bilden aus und vergeben noch immer Zeugnisse, auf die die Schüler bestehen. Es gibt noch immer Beurteilungen in Form von Einteilung. Empfohlene Therapeuten, weniger empfohlene. Das Prinzip von Lehrer und Schüler hat sich noch nicht transformiert. Wir sind noch nicht in der Gleichwertigkeit von allem, was ist.
Wenn ich Schöper meines Lebens bin, wie alle anderen auch, wer will dann beurteilen, ob meine Schöpfung gut oder schlecht ist? Gibt es unter Schöpfergöttern eine Instanz? Einen Schöpferobergott? Sind unsere weltlichen Hierarchien eine Abbildung kosmischer Hierarchien? Herr Betz spricht von Umstrukturierungen in Firmen. Hierarchie hat ausgedient. Wer fängt an?

Wer will mir sagen, dass ich aufwachen soll, dass ich mich mehr lieben soll, dass ich meinen Partner verlassen soll, weil unsere Ehe nicht zeitgemäß ist, meinen Job aufgeben soll, weil er nicht der Neuen Zeitordnung entspricht. Wenn ich Schöpfer bin, wer hat dann ein Recht darauf meine Schöpfung anzuzweifeln? Wenn wir alle Götter sind, die ihre eigene Welt kreiert haben, welcher Gott aus dem Universum kann mir sagen "Ich habs besser gemacht als du". Habe ich Fehler in meiner Schöpfung, wird das aufgezeigt werden und ich kann korrigieren oder alles den Bach runtergehen lassen. Es ist und bleibt meine Schöpfung, für die alleinig ich verantwortlich bin. Und wenn ich eine unzeitgemäße Ehe führen will, ohne unser Doppelbett zu zersägen, ist das meine Schöpfung. Wenn ich mein Potenzial nicht entfalten will, weil ich ein bequemes Leben führen möchte, ist das meine Schöpfung. Wenn ich kein Geld dafür ausgeben will die nächste und die nächste Predigt anzuhören, ist das meine Schöpfung. Wer könnte sie kritisieren? Gibt es Konkurrenz in der Schöpfung?

Es ist der Leistungsgedanke in Herrn Betz` Worten. Da ist ein "Du musst, mach endlich", eine Dringlichkeit und die habe ich abgelegt. Ich kann, wenn ich will, aber solange ich nicht will, muss ich nicht und so oder so ist es völlig in Ordnung. Mir fehlt die Liebe zur Unvollkommenheit der Schöpfung. Das einzige, was unvollkommen ist sind wir, die Menschen. Wenn wir unsere Unvollkommenheit nicht akzeptieren und liebevoll annehmen, sind wir wieder ganz weit weg von der Selbstliebe. Für mich sind die Worte von Herrn Betz trotz hohem Wahrheitsgehalt kalt.

Ich vermisse in seinen Worten das, wovon jede Religion spricht: Liebe und Mitgefühl. Egal aus welchem Strahl er seine Botschaften aus der geistigen Welt erhält, sie sind lieblos. Kein Wort des Dankes an die Betroffenen der Flut, die alle anderen daran erinnern sollen, dass sie ihre Gefühle wieder fließen lassen. Würde man die Botschaften ernst nehmen, so hätten sie sich ja doch zur Verfügung gestellt, um alle anderen darauf aufmerksam zu machen. Wo bleibt das Mitgefühl, dass sie Leid auf sich nehmen, um uns an etwas zu erinnern? Wo bleibt der Dank der Brüder und Schwestern des Lichts und der Liebe?

Liebe braucht keine Religion. Auch nicht die von Herrn Betz.

Nach oben


***

Esoterik IV: Nachtrag - Esoterikseminarerfahrungen

Blogbeitrag vom 12. November 2013 "Esoterik IV: Nachtrag - Esoterikseminarerfahrungen"


In diesem Nachtrag möchte ich mich bei Herrn Robert Betz bedanken.

Dafür, dass er mir so eine großartige Projektionsfläche zur Aufarbeitung meiner Seminarerfahrungen gibt.
Ich habe zwei Seminarschulen besucht. In die erste bin ich völlig unbedarft reingerutscht. Aus der Kampfkunst kommend, interessierte mich alles rund ums Ki, Chi oder Lebensenergie. Als mich eine Freundin fragte, ob ich einen Reikikurs mit ihr besuche, dachte ich "Okay, da ist Ki drin, mal sehen, was es da so gibt". Zwei Stunden nach Kursbeginn befand ich mich, völlig ahnungslos von "Geistheilung", in meiner persönlichen "Bewusstseinshölle". Da blieb ich drin und entschloss mich zum Durchlauf der gesamten Reiki-Ausbildung. Ich wollte eine Antwort auf meine Frage "Was ist da passiert?".

Die zweite Seminarschule besuchte ich weit weniger naiv. Ich bin vorsichtiger geworden und wusste mehr, was ich annehmen will und was nicht. Die Homepage wirkte vertrauenserweckend, die Feedbacks waren durch die Bank positiv bis euphorisch.

Seminarschulen werden nicht immer von Menschen geführt, die fundierte psychologische Kenntnisse aufweisen. Oft werden ausgebildete Therapeuten sogar diffamiert, die Methoden, die sie anwenden, entsprechen nicht dem neuesten Stand der Dinge. Sprich, dem neuesten Stand der "Geistigen Welt", denn viele Seminarschulen sind esoterisch durchdrungen. Den Auszubildenden wird suggeriert, dass sie innerhalb kürzester Zeit weit mehr lernen und erreichen können als mit herkömmlichen Methoden. Was mich selbst betrifft, stimmt das sogar. Nach einer grottenschlechten Therapieerfahrung war ich froh Mittel an die Hand zu bekommen, die Hilfe zur Selbsthilfe bedeuten. Aber ich zahlte eben auch meinen Preis. Finanziell und emotional. Ich durfte wirklich durch meine Hölle gehen. Und ich sehe mich nach drei Ausbildungen nicht auf einer Ebene mit ausgebildeten Therapeuten. Es fehlt wichtiges Hintergrundwissen, das autodidaktisch nachgeholt werden muss.

Seminarschulen bilden Leute aus, die selbst oft mit einem schweren psychischen Päckchen antreten. Viele Dinge im eigenen Leben sind noch ungeklärt und treten dort zutage. Es entwickelt sich eine Gruppendynamik, der man sich schwer entziehen kann. Man geht in seinen eigenen Prozess. Wer über eine gute stabile psychische Konstitution verfügt, kann geklärt rauskommen. Wer dagegen labil ist, geht oft geschädigter nach Hause als er angetreten ist. Es will sich kein Wohlgefühl einstellen. In beiden Seminarschulen wurde von Leitern, die keine Erfahrungen in Traumatherapie haben, retraumatisiert. Du wirst aufgefordert vor einer Gruppe deine "Geheimnisse" zu offenbaren, weil das deinen eigenen Heilungsprozess unterstützt und du erzählst deine Geschichte, die du bisher sorgsam gehütet hast, vor Menschen, die mal kurz nicken und dann im Programm weitermachen, da du ja keine Therapie, sondern eine Ausbildung gebucht hast. Wenn nun die Seminarleiter esoterisch angehaucht sind, bekommst du zu hören "Es war deine Entscheidung hierher zu kommen und deine Geschichte zu erzählen. Dass dir das passiert ist, hat seinen Grund. Schau mal bei dir selber hin." Eigenverantwortung, das Lieblingswort der Esoteriker. Nicht falsch, aber mitunter gnadenlos. Ich kann kein Urteil über die Schule von Robert Betz abgeben, ich habe dort kein Seminar besucht. Seine Art von Kontakt zur "Geistigen Welt" würde mich heute schon im Vorfeld davon abhalten. Ich habe nichts gegen die "Geistige Welt", so lange sie sich mir selbst offenbart. Aus zweiter Hand und interpretiert mag ich sie weniger.

Einige Therapien arbeiten inzwischen mit "Rückführungen", so wohl auch die Transformationstherapie nach Betz (s. Artikel des Fachbereichs Sekten- und Weltanschauungsfragen der Erzdiözese München und Freising). Da wir eher dazu geneigt sind uns als "Opfer" von Umständen zu sehen und weniger als "Täter", können solche Reisen in Bilder erhebend sein, wenn wir in ein "altes Leben" gehen und dort Zauberer, Lehrer, Jünger sind. Und es kann sehr verstörend sein, wenn wir in eine Metapher gehen, wo wir plötzlich Schlächter, Kriegsführer, Vergewaltiger sind. Man ist schnell reingeführt und nicht immer sicher rausgeführt. Es ist ein Spiel mit dem Feuer. Gut, wer erlöst und beseelt herauskommt und nun endlich seine Bestimmung erkennt. Weniger gut, wer in einen Albtraum geht und steckenbleibt. Wem wollen wir unsere Seele anvertrauen?


In der Transformations Woche (5 1/2 tägige Seminare) wechseln sich Vorträge, Erfahrungsaustausch und Meditationen ab. Die Seminare erfreuen sich wachsender Beliebtheit und erreichen Teilnehmerzahlen von über 200 Personnen pro Transformationswoche. Bei der Intensität der Meditationen bleibt es nicht aus, das häufig Menschen mit starken emotionalen Themen sehr heftig reagieren. In solchen Fällen ist eine weitere therapeutisch Betreuung dringend angeraten, da ansonsten die emotionale Verfassung des Teilnehmers nach der Transformationswoche eventuell schlimmer ist als vorher. In der Transformationswoche wird viel aufgedeckt, was oft lange verborgen war. Jeder Teilnehmer einer Transformationswoche sollte sich vorher fragen, ob er dazu in der Verfassung ist.

Je nach Meditationstiefe der einzelnen Teilnehmer treten teils sehr heftige Reaktionen auf.  Auf Grund der hohen Teilnehmerzahl eines solchen Seminars ist in solchen Situationen nicht immer eine optimale Betreuung der Transformationswochenteilnehmer gewährleistet. Wer weiß, daß er (oder sie) solche Themen hat, sollte sich gut überlegen, ob er es riskiert, in einer Massenmeditation eine ernstzunehmende Reaktion zu bekommen.
Die mit Robert Betz anwesenden Transformationstherapeuten waren bei meiner Transformationswoche mit einer solchen Reaktion einer Transformationswochenteilnehmerin völlig überfordert.

Homepage Meta-EFT "Transformationstherapie nach Robert Betz"



Ich habe mich täuschen lassen. Von schönen Worten, von Werbung. Im Internet gibt es keine Regeln. Für Homepages gibt es keine Regeln. Was verkauft werden will, wird verkauft. Wunderschön verpackt. Licht und Liebe all over. Ausgestattet mit Feedbacks, die in den Himmel loben. Ich will nicht sagen, dass das nicht passieren kann. Es gibt Leute, die gehen  beflügelt raus. Aber es gibt eben auch die, die mit einer noch mehr geschädigten Seele, einer kaputten Beziehung oder einem leeren Konto rausgehen. Die Verantwortung dafür liegt einzig und allein bei dir. Es gibt keine Regressionsansprüche, wie wir das gewohnt sind. Gerne lässt man sich das auch unterschreiben vor Seminarantritt, den Ausschluss von Haftungsansprüchen. Du buchst so ein Seminar im freien Fall, ohne Fallschirm. Der Hinweis fehlt in der Ausschreibung.

Wie ihr seht, bin ich noch immer nicht ganz darüber hinweg, sonst würde mich Robert Betz und die glückliche Schar um ihn herum nicht jucken. Soll er beglücken, ein Franchiseunternehmen aufbauen, lächeln und lachen, transformieren.
Ich durfte hinter dieses Lächeln gehen und mitbekommen, dass nicht alles so rosarot und Licht und Liebe ist, wie es scheint. Auch die Esoterik unterliegt weiträumigen Illusionen. Der Zeitgeist steht nun mal auf Illusionen. Spirituelles Erwachen ist toll, das Aufwachen in der Realität ist nicht selten hart und ernüchternd.
Mein Esoterikausflug endet hier. Danke an die, die mich begleitet haben. Danke an die, die mich während meinen Ausbildungen und darüber hinaus gehalten, gestützt und getragen haben.

Und danke an Christoph R., einem meiner "Trainer", geheilt von Esoterik und Inspiration für diesen Ausflug.

Nach oben


***

Links / Veröffentlichungen

Mehr Informationen finden Sie auf der Homepage des NDR, der sich Robert Betz unter dem Titel "Robert Betz: "Glücks-Coach" oder Scharlatan" im November 2013 widmete.

---

Auf dem (Bewusst)Sein(s) - Portal finden Sie einen Artikel zu Robert Betz unter dem Titel "Arschengel auf Erfolgskurs".

---

Die Sekten-Info NRW beschäftigte sich mit Herrn Betz in ihrem Beitrag Robert Betz und die Transformationstherapie - eine esoterische Pseudotherapie im Fokus der Kritik



Nach oben


***

Weitere Blogbeiträge zum Thema

Weitere Blogbeiträge zum Thema:

"Eigenverantwortung"

"Wahres Selbst oder Ware Selbst"

"Die Welten in der Welt"

Nach oben